Nachhaltigkeit 2 Minuten 21 Februar 2024

Verzicht? Im Gegenteil!

Die Sternegastronomie ist auf dem besten Weg, Nachhaltigkeit so salonfähig zu machen, dass man sie (beim Essen) vergisst. Bravo!

In diesem Kalenderjahr wird bereits zum fünften Mal der Grüne MICHELIN Stern an ausgewählte Restaurants verliehen. Grund genug für uns, die aktuell ausgezeichneten Restaurants einmal genauer anzugucken.

Mittlerweile gibt es weltweit über 500 Restaurants im Guide MICHELIN, die für ihre nachhaltigen Initiativen mit dem Grünen MICHELIN Stern ausgezeichnet wurden. Hervorgehoben werden jene Adressen, deren Engagement für eine nachhaltige Gastronomie besonders bemerkenswert ist und als Inspiration für andere dienen kann.

So weit so gut! 500 Restaurants klingen nach viel, sind aber gerade einmal 3% aller vom Guide MICHELIN empfohlenen Restaurants weltweit. Sie stimmen mit uns überein, dass dies ein eher bescheidener Anteil ist? Könnte diese Zahl wohlmöglich darauf hinweisen, dass in der gehobenen Gastronomie wenig Platz für Nachhaltigkeit ist? Haftet an der Branche doch oft noch ein Image von zu großer Verschwendung.

Wir haben uns die 500 Grünen Sterne mal genauer angeschaut. Tatsächlich fällt auf, dass über 70 Prozent aller Grünen Sterne gleichzeitig mit mindestens einem MICHELIN Stern oder dem Bib-Gourmand-Award ausgezeichnet sind. Betrachtet man den Anteil der Grünen Sterne in Sternerestaurants, so liegt dieser bei immerhin fast 9 Prozent. Tendenz steigend! Es ist also tatsächlich eher die Spitzengastronomie, die derzeit vorangeht und sich dem Planeten verschreibt.

“70 Prozent aller Grünen Sterne sind mit mindestens einem MICHELIN Stern oder dem Bib Gourmand ausgezeichnet”
Restaurant Gustav © Martin Oelze
Restaurant Gustav © Martin Oelze
Alles vegan? Nein!

Sicherlich haben Sie auch schon beobachtet, dass vegetarische und vegane Menüs mittlerweile fester Bestandteil fast aller Speisekarten sind, dass Gemüse immer mehr ins Rampenlicht gerückt wird – nicht zuletzt übrigens, weil es von den Gästen nachgefragt wird. Von den weltweit knapp 300 Sternerestaurants mit Grünem Stern werden derzeit allerdings nur elf als „vegan“ oder „vegetarisch“ empfohlen. Karnivoren müssen also nicht auf gewohnte Gaumenfreuden verzichten.

Vierländer Ente im Landhaus Scherrer © Heinz O. Wehmann
Vierländer Ente im Landhaus Scherrer © Heinz O. Wehmann

Karnivoren müssen nicht verzichten

In Institutionen wie beispielsweise dem mit einem MICHELIN Stern ausgezeichneten Landhaus Scherrer in Hamburg - seit 2021 mit dem Grünem Stern gewürdigt - stehen Hummermedaillons oder Steinbuttrücken mit Meerrettich ebenso auf der Speisekarte wie eine Krosse Ente mit Rotkohl. Heinz O. Wehmann spielt die Lage seines Hauses in die Karten. Statt bretonischen Hummer und Steinbutt zu verwenden, bezieht er die Ware von Helgoland bzw. aus weiteren Teilen der Nordsee. Die Barbarie-Ente aus Frankreich wurde schon vor langer Zeit durch die Vierländer Ente abgelöst.

Gebratener Steinbutt auf Blattspinat mit  Senfvinaigrette und Senfkaviar © Landhaus Scherrer
Gebratener Steinbutt auf Blattspinat mit Senfvinaigrette und Senfkaviar © Landhaus Scherrer

Das 2-Sterne-Restaurant Essigbrätlein in Nürnberg – ebenfalls seit 2021 mit dem Grünen Stern ausgezeichnet - bietet derzeit eine hervorragende Forelle mit Wirsing oder als Hauptgang Lamm mit Karottenjoghurt an. Im Etz, ebenfalls in Nürnberg, mit zwei MICHELIN Sternen und seit 2022 mit dem Grünen Stern ausgezeichnet, isst man Stör mit Ossietra Kaviar. Der kommt nicht aus dem Schwarzen Meer, China oder Frankreich,  sondern aus der Oberpfalz von Paul Thomas! Der Kaviar stammt aus Mittelfranken von Sebastian Salomon, der die Störe auf Bestellung nach der Ike jime Methode schlachtet. Frischer geht es nicht.

Bayerische Taube, mural farmhouse - FINE DINE © Lenka Li Lilling
Bayerische Taube, mural farmhouse - FINE DINE © Lenka Li Lilling

Im mural farmhouse - FINE DINE, das vor einem Jahr mit MICHELIN Stern und Grünem Stern ausgezeichnet wurde, schwärmt einer unserer Inspektoren von der hervorragenden dickfleischigen Schlierseeforelle mit Heubutter und Estragon. Und statt französischer wird bayerische Taube serviert, dazu eine Jus mit schwarzem Knoblauch und sautiertem Radicchio, angereichert mit gesalzenen Stachelbeeren. Top! Nicht zuletzt geht man doch für besondere Produkte in ein besonderes Restaurant.


Die Sternegastronomie ist auf dem besten Weg, wenn es darum geht, Nachhaltigkeit so salonfähig zu machen, dass man sie (beim Essen) vergisst. Bravo!

Stör im Restaurant Etz, Nürnberg © etz
Stör im Restaurant Etz, Nürnberg © etz


Illustration Image: Stör, Tomate, Löwenzahnkapern, Ossietra Kaviar von Sebastian Salomon © Restaurant etz


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